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Verzugszinsen


"Wenn Du Geld leihest einem aus meinem Volk ... sollst Du ... ihm keine Zinsen auferlegen" - (2. Mose 22, 24).

Dieses alttestamentarische Zinsverbot würde vielen Überschuldeten aus der Zinsfalle helfen. Die Rechtslage ist heute leider eine andere, und sie ist nicht einfach. Hinzu kommt, dass Gläubiger mitunter überhöhte oder verjährte Zinsen in Rechnung stellen, oder dass die Reihenfolge der Zahlungsverrechnung nicht stimmt. Eine genaue Überprüfung anhand einer detaillierten Forderungsaufstellung ist daher sehr zu empfehlen, auch um frühzeitig die Widerspruchsmöglichkeiten im gerichtlichen Mahnverfahren zu nutzen (siehe Info Mahnbescheid/Vollstreckungsbescheid“). Zu den gängigsten gesetzlichen Regelungen nachfolgend eine Übersicht. Danach folgen einige einfachere Faustregeln.

Tabelle anzeigen

  Verbraucher- darlehen   Altkredite und Privatforderungen   Dienstleistungen  
Gültigkeitsbereich   Ab 1.1.1991 abgeschlossene Kredite mit einem Auszahlungs- betrag von über 200 € und Zahlungsauf- schub von mehr als 3 Monaten   Bis Ende 1990 abgeschlossene Kredite und aktuelle Privatforderungen sowie Kauf-preisforderungen   Forderung aus Werk- und Diens-tleistungsvertrag  
Beispiele   Pkw- oder Möbelfinanzierung, Versandhaus-Ratenkäufe, Konsumkredite, u. a.   Kredite vor 1991, für die heute das Verbraucherdar-lehen gilt (siehe Beispiele links), sowie aktuelle Schadensersatz-forderung, Privatdarlehen, Lohnvorschuss, Rechnung für Warenlieferung, u. a.   Handwerkerrech- nung, Zahnarzt-, Steuerberater- und Rechtsanwalts- honorar, Lohn-forderung eines Arbeitnehmers, u. a.  
Gesetzes-grundlage   BGB §§ 488 ff   BGB §§ 286 ff  
Verzugseintritt   Durch Zahlungsrückstand und Mahnung   Automatisch 30 Tage nach Rechnungszugang (sofern auf der Rechnung darauf hingewiesen wird), je nach Geschäftsbedingungen auch eher  
Höhe der Verzugszinsen für die Hauptforderung   B* + 5   B* + 5, oder mehr, sofern der Gläubiger einen höheren Schaden nachweisen kann   Verträge mit Verbrauchern: B* + 5, Verträge mit Gewerbetreibenden: B* + 8; oder mehr, sofern der Gläubiger einen höheren Schaden nachweisen kann  
Höhe der Kostenzinsen **   4 % oder B* + 5  
Zinsverjährung   Frühestens ab 13, nach Titulierung ab 30 Jahren ***   Ggf. Zinsen, die älter als 3 – 4 Jahre sind ***  
Verrechnung von Zahlungen (Reihenfolge) 1. Kosten
2. Hauptforderung
3. Zinsen
1. Kosten
2. Zinsen
3. Hauptforderung
Kommentar Mehrfach verbesserter Verbraucherschutz gegenüber Krediten vor 1991   Problematische Verrechnungsreihenfolge – ggf. wird nie an der Hauptforderung getilgt **** 

Anmerkungen zu den mit „*“ versehenen Punkten:

* „B“ steht für „Basiszinssatz“ – dieser ist variabel. Unter Berücksichtigung der Marktbedingungen wird er halbjährlich von der Europäischen Zentralbank aktualisiert – im ersten Halbjahr 2002 betrug er z. B. 2,57 %, B + 5 bedeutet in diesem Zeitraum also 7,57 %. Veröffentlicht wird der jeweils gültige Basiszinssatz z. B. über das Internet unter www.bundesbank.de. Der Gläubiger muss jede Veränderung berücksichtigen. Für eine genaue Überprüfung ist deshalb eine detaillierten Abrechnung, aus der alle Buchungen und Tagesdaten hervorgehen, erforderlich.
** Nicht nur die Hauptforderung, sondern auch einige der vom Gläubiger verauslagten Kosten können verzinst werden. Dies sind jedoch nur diejenigen Kosten, die durch die gerichtliche Titulierung der Forderung entstanden sind, also z. B. die Kosten des Mahn- und Vollstreckungsbescheids. Im Titel sind diese Kosten und deren weitere Verzinsung aufgeführt.
*** Details hierzu siehe Info „Verjährung“
**** Beispiel für die "Zinsfalle", zu der es kommen kann, wenn Zahlungen zuletzt auf die Hauptforderung verrechnet werden: Werden auf eine mit 10 % pro Jahr verzinste Hauptforderung von 9.000 € monatlich 75 € gezahlt, bleibt die Hauptforderung stets bestehen, da die eingehenden Zahlungen (nach Tilgung eventueller Kosten) nur die laufenden Zinsen decken (10 % von 9.000 € = 900 € Jahreszins, 75 € x 12 = 900 € Jahreszahlung). Trotz ständiger Zahlungen kommt der/die Schuldner/in also in seinen/ihren Entschuldungsbemühungen keinen Schritt voran.

Für die genaue Überprüfung einer Forderung anhand dieser komplizierten Regelungen ist professioneller Rat praktisch unerlässlich. Schuldner/innen sollten sich bei Unklarheiten zu geltend gemachten Verzugszinsen oder zur Verrechnung von Zahlungen auf die Forderung an eine Schuldnerberatungsstelle oder einen Rechtsanwalt wenden.


Faustregeln für den „Hausgebrauch“:

  • Versuchen Sie, die zu überprüfende Forderung einer Spalte der umseitigen Tabelle zuzuordnen und gehen Sie dann zur näheren Untersuchung Zeile für Zeile abwärts.
  • Nutzen Sie die Zeit, in der die Forderung noch nicht rechtsgültig tituliert ist. Sie können zumindest dann innerhalb 14 Tagen nach Zustellung des Mahn- oder Vollstreckungsbescheids Widerspruch einlegen, wenn seit Verzugseintritt bzw. für die Zukunft Zinssätze von mehr als B + 5 (Erklärung siehe oben bei „*“) geltend gemacht werden.
  • In gleicher Weise können Sie mit guter Aussicht auf Erfolg gegen im Mahn- bzw. Vollstreckungsbescheid geltend gemachte Inkassokosten vorgehen(siehe Info „Kostenansprüche von Inkassobüros und Gläubigern“)
  • Wenn Zinsen aus Zeiträumen geltend gemacht werden, die 3 Jahre und länger zurückliegen, sollten Sie vor einer Zahlungsaufnahme die Schuldnerberatung um Überprüfung einer möglichen Zinsverjährung bitten. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sie seit Jahren nichts mehr von diesem Gläubiger gehört und auch keine Zahlungen an ihn geleistet haben (mehr dazu siehe Info „Verjährung“).